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Schamaninnen in Korea

Eine Ausstellung im Hamburgischen Museum für Völkerkunde.

Ein Abendländern besonders schwer zugängliches Phänomen ist der Schamanismus, den wir meist nur in Sibirien vermuten. Gelegentlich werden auch indianische Medizinmänner, vielleicht sogar afrikanische Zauberer damit in Verbindung gebracht, und wir neigen dazu, den Schamanismus als Ausdrucksform „primitiver“ Kulturen abzutun.

Um so überraschender ist es, dass dieser archaisch anmutende Kult in hochentwickelten Industrieländern lebendig bleiben und sogar einen Platz im täglichen Leben finden konnte. Einen Zugang in diese exotische Welt bietet eine Ausstellung im Hamburgischen Museum für Völkerkunde: „Heilrituale und Handies – Schamaninnen in Korea“, vom 22.1.1998 – 21.1.1999.

Diese Ausstellung bietet Einblicke in ein fremdartiges Leben voller exotischer Farben mit aus Urzeiten überlieferten Ritualen. Nach einer bekannten Definition zeichnen sich Schaman(inn)en durch drei Merkmale aus:

Sie können eine Trance willkürlich herbeiführen, sie setzen Trance ein, um Kontakt zu „übernatürlichen Wesen“ aufzunehmen. Mit dem bei diesem Kontakt erlangten Wissen helfen sie einzelnen oder Gemeinschaften, die diese Mittlerrolle akzeptieren.

Westlich geschulte Ethnologen und Psychologen haben es schwer mit der Erklärung solcher Phänomene. Sie meinen zum Beispiel, dass es sich bei der Trance eines Schamanen um eine „kontrollierte Schizophrenie“ handele; womit allerdings wenig erklärt ist, weil eine typische Schizophrenie vom Betroffenen gerade nicht beherrscht wird.

Allein in der Hauptstadt Koreas – Seoul mit ca. 12 Millionen Einwohnern – soll es Dreitausend  Schamaninnen geben, die für verschiedenste Anlässe den traditionellen „Kut“ zelebrieren, also Verbindung zu den Geistern suchen. Eine solche koreanische „Mansin“ hat es nicht leicht, ihren Platz in einer modernen Industriegesellschaft zu finden, in der man einer Schamanin – ähnlich wie bei uns „Geistheilern“ – mit Ablehnung, Grusel oder auch Respekt begegnet. In jedem Fall ist sie eine Außenseiterin, eine schwierige Rolle in einer konfuzianischen Gesellschaft, in der der „gute Ruf“ wichtig ist.

Kranke, denen Ärzte nicht helfen können, Geschäftsleute, die Erfolg vermissen, Familien, deren Pechsträhnen nicht abreißen wollen, wenden sich dann trotz aller Vorbehalte an eine Schamanin, die dadurch oft gut verdient.

Die Berufung zur Schamanin kann – wie vor Jahrhunderten – in der Form erfolgen, dass die Erwählte von einer Krankheit befallen wird, die nicht nur die Psyche betreffen muss, sondern zum Beispiel sogar mit Lähmungen verbunden sein kann. Die „von den Geistern Auserwählte“ muss dann von einer „Schamanen-Mutter“ geheilt werden, welche in das jenseitige Reich einführt. Nicht selten sträubt sich die von der Schamanen-Krankheit Befallene gegen ihre Berufung; in der Regel vergebens, da die „Geister“ sie zu zwingen wissen. Sie muss sich dann einer Lehrzeit unterziehen, die mindestens drei Jahre dauert. Es gibt allerdings auch Schamaninnen, die ohne Geister-Krankheit in das Schamanentum hineinwachsen. –

Wer mehr erfahren möchte, dem bietet die Hamburger Ausstellung, zu der es einen mit Einfühlungsvermögen und Sachkenntnis erarbeiteten, gut lesbaren Katalog gibt, eine in Deutschland bisher einmalige Möglichkeit.

Literatur:

„Heilrituale und Handies – Schamaninnen in Korea“ von Susanne Knödel, Dölling&Galitz Verlag, Hamburg, 1998, ISBN 3-390 802-76-7.